Am 23. September 2021 hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs, Santos, seine Schlussanträge zu drei Verfahren im Abgasskandal eingereicht. Drei österreichische Gerichte hatten dem EuGH Vorabentscheidungsfragen vorgelegt, die sich mit dem Thermofenster beschäftigten, einer strittigen Software.
Dabei ging es um Fahrzeuge der Volkswagen AG und der Porsche AG. Die Ergebnisse lassen sich aber ebenso auf andere Hersteller anwenden, die in ihren Fahrzeugen ein solches Thermofenster verwenden, wie beispielsweise die Daimler AG.
Autobauer halten den Einsatz dieser Funktion für Industriestandard und legal. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs macht nun deutlich, dass er eine andere Auffassung vertritt.
Er beschreibt das Thermofenster wie folgt:
Die Abgasreinigung werde bei einer Außentemperatur von unter 15 Grad und bei einer Außentemperatur von über 33 Grad sowie bei einer Höhe des Fahrbetriebs von mehr als 1.000 Metern ausgeschaltet.
Angesichts der durchschnittlichen Temperaturen in Österreich, aber auch in Deutschland sowie der Höhenlagen, kommt der Anwalt zu dem Schluss, dass
„die in Rede stehende Software bei normalen Nutzungsbedingungen und normalem Fahrzeugbetrieb die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringere, so dass sie eine Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung Nr. 715/2007 darstelle.“
Der Verteidigung der Autobauer, dass das Thermofenster zum Schutz des Motors notwendig sei, erteilt er ebenfalls eine Absage.
„Eine Abschalteinrichtung, die vornehmlich der Schonung von Anbauteilen wie AGR-Ventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter dient“,
falle nicht unter die Verbotsausnahme. Das Funktionieren dieser Teile berühre nicht den Schutz des Motors.
Entsprechend ausgestattete Fahrzeuge hätten nicht verkauft oder zugelassen werden dürfen, da sie nicht über eine ordnungsgemäße Übereinstimmungsbescheinigung verfügen würden. Die Fahrzeuge waren vertragswidrig und Verbraucher hätten das Recht, die Vertragsauflösung zu verlangen.
Ein Urteil wurde noch nicht gesprochen, wird jedoch bald erwartet. In der Regel folgen die Richter dabei den Ausführungen des Generalanwalts.
Schon im Dezember 2020 hatte der EuGH ein verbraucherfreundliches Urteil im Abgasskandal gesprochen und deutlich gemacht, was unter Abschalteinrichtungen zu verstehen sei und unter welchen Umständen diese ausnahmsweise legal sein könnten (der Motorschutz war auch hier nicht als Ausnahme akzeptiert worden).