Mercedes kommt mit Updates nicht voran

Mercedes GLS weiß

Den Bundesverkehrsminister und das Kraftfahrt-Bundesamt im Nacken muss sich Mercedes sputen: Bis Ende des Jahres soll der Konzern für deutschlandweit 238.000 Autos Software-Updates entwickeln. Doch der Zeitplan wankt. Das berichtet das „Handelsblatt“ am 6. Juni 2018.

Dem Bericht zufolge droht dem staatlich angeordneten Rückruf der Verzug. Die Software-Updates würden wohl nicht vor Jahresende fertig, heißt es. Damit werde der Rückruf nicht vor 2019 starten können. Europaweit sollen etwa 774.000 Autos zum Update in die Werkstätten. Die Behörden bemängeln für diese Fahrzeuge manipulierte Abschalteinrichtungen zur Abgasreinigung.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Daimler-Chef Dieter Zetsche vereinbarten Anfang Juni den zügigen Rückruf der betroffenen Fahrzeuge. Ein Software-Update soll die beanstandeten Abschalteinrichtungen beseitigen. Ein Konzernsprecher habe erklärt, Daimler bemühe sich, die Updates schnellstmöglich bereitzustellen. Wenn das Update fertig entwickelt ist, muss das Kraftfahrt-Bundesamt es noch genehmigen und freigegeben.

Im vergangenen Jahr haben sich die deutschen Autohersteller dazu verpflichtet, insgesamt 5,3 Millionen Dieselfahrzeugen ein Software-Update zu verpassen. Damit sollen überhöhte Abgaswerte verbessert werden. Dabei bleibe es, sagt Andreas Scheuer gegenüber dem „Handelsblatt“. Er habe die Unternehmen aufgefordert, bis zum 1. September die entsprechenden Softwareentwicklungen abzuschließen. „Dafür sind die Hersteller verantwortlich. Auch Daimler“, betont er. Welche Konsequenzen sonst drohen, ist nicht klar.

Daimler bestreitet illegale Abschalteinrichtungen

Bereits Ende Juni verhängt Mercedes einen Lieferstopp für mehrere Vierzylinder-Diesel-Modelle mit Euro-Norm 6b. Bevor die Autos an Kunden gehen, soll die Software aktualisiert werden. Damit will der Autobauer einem möglichen weiteren angeordneten Rückruf zuvor kommen.

Grundsätzlich will Daimler gegen die behördlichen Rückrufe vorgehen. Die Abschalteinrichtungen seien nicht illegal. Vielmehr dienten sie dem Motorschutz, so das Argument des Herstellers.

Was bedeuten die Rückrufe für Fahrer von Mercedes-Dieseln?

Sobald das Kraftfahrt-Bundesamt die Updates genehmigt, kann Mercedes den Rückruf starten. Der Hersteller wird die Halter betroffener Fahrzeuge anschreiben und die Wagen in die Werkstätten ordern. Die Kunden müssen sich mit dem fragwürdigen Software-Update auseinandersetzen. Folgen sie dem Rückruf nicht, könnte am Ende die örtliche Zulassungsstelle das Auto stilllegen.

HAHN Rechtsanwälte sieht die Software-Updates kritisch. Noch sind technische Folgen nicht absehbar. Bei Volkswagen mehren sich Beschwerden von Kunden nach dem Update. Sie haben beispielsweise Probleme mit dem Abgasrückführungsventil. Das Problem: Zunächst argumentieren die Hersteller die Abschalteinrichtungen mit Motorschutz, dann sollen genau diese Funktionen mittels Update entfernt werden. Eine Garantie oder Gewährleistung geben sie auf von solch einer Aktualisierung betroffene Teile nicht. „Das wirtschaftliche Risiko tragen allein die Kunden“, beschreibt Fachanwalt Lars Murken-Flato.

Während also Daimler im vergangenen Jahr mehr als 14 Milliarden Euro Gewinn macht, sollen die Kunden die Kosten für etwaige Folgeschäden durch das Update selbst tragen – abgesehen davon, dass sie bereits jetzt einen massiven Wertverlust für ihr Fahrzeug erleiden.

Doch Betroffene müssen nicht auf ihrem Schaden sitzen bleiben. Sie haben unterschiedliche juristische Optionen. „Welche das sind, ist von Fall zu Fall verschieden“, erklärt Lars Murken-Flato. Die Möglichkeiten reichen vom Schadensersatz bis zur Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Kosten hierfür übernehmen in der Regel die Rechtsschutzversicherungen.

HAHN Rechtsanwälte betreut mehr als 2000 Mandanten gegenüber Autoherstellern im Abgasskandal. Die Experten empfehlen Fahrern von Schummeldieseln fachanwaltliche Beratung. Für von Rückrufen betroffene Kunden hat die Kanzlei eine entsprechende Strategie entwickelt. „Bislang hat sie noch nie zur Stilllegung eines Fahrzeugs geführt“, sagt Lars Murken-Flato.