Nun soll also der oberste Gerichtshof der Europäischen Union entscheiden. Stuttgarter Richter haben angekündigt, im Zuge des Mercedes Abgasskandals dem EuGH die wichtigsten Streitpunkte vorzulegen. Fabian Richter Reuschle, einer der bekanntesten Richter im Abgasskandal, hat dazu eine über 70-seitige Stellungnahme verfasst, die sich nach Angaben des Handelsblattes recht verbraucherfreundlich liest – Daimler muss sich also Sorgen machen. Er stellt darin klar, dass die Grenzwerte für Abgase nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden müssen, wie es die Autoindustrie gerne interpretiert, sondern auch im Realbetrieb auf der Straße. Wenn sich diese Ansicht auch bei den EU-Richtern durchsetzt, könnte die Welle an Klagen kaum aufzuhalten sein. Denn Messungen unter anderem von der Deutschen Umwelthilfe zeigen regelmäßig, wie viele Diesel die Grenzwerte zum Teil extrem überschreiten. Alle Fahrer dieser Autos hätten dann einen Anspruch auf Schadensersatz.
Zudem vertritt Richter Reuschle die Auffassung, dass der Abzug einer Nutzungsentschädigung unrechtmäßig sei. Dies würde die Kosten für die Autobauer explodieren lassen. Einzelne Gerichte entscheiden zwar schon jetzt, dass der Abzug einer Nutzungsentschädigung bei einem Schadensersatzfall eine unbillige Entlastung der täuschenden Hersteller sei, doch viele Gerichte halten an der Entschädigung fest. Wird sie nicht abgezogen, sind die Kläger das betroffene Auto jahrelang umsonst gefahren.
Auch in einem weiteren Punkt äußerte sich der Richter verbraucherfreundlich. So sei das Thermofenster nicht mit dem Schutz vor Versottung zu rechtfertigen. Es gebe auch andere Maßnahmen, um einer solchen Versottung vorzubeugen.
Wann auf EU-Ebene mit einer Entscheidung gerechnet werden kann, ist unklar. Doch diese wird in jedem Fall ein Beben in der Autoindustrie auslösen und den Abgasskandal in ganz neue Sphären heben.