Autocar, in Großbritannien ansässig und eine der bekanntesten und nach eigener Aussage die älteste Automobilzeitschrift der Welt, hat im Mai seine jährlichen Preise vergeben. Der höchstbewertete Preis – der Issigonis Award (benannt nach dem britischen Entwickler Sir Alex Issigonis) – ging an keinen geringeren als den scheidenden Daimler CEO Dieter Zetsche.
Die Zeitschrift zählt zahlreiche Errungenschaften aus seiner Zeit an der Spitze des Konzerns auf – er habe mit dem Verzicht auf die Krawatte nicht nur die Unternehmenskultur nachhaltig verändert, sondern ließ in seiner Amtszeit auch die desaströse DaimlerChrysler Kooperation vergessen und führte die Firma in das Zeitalter der Elektroautos. Letzteres wird sein Nachfolger Ola Källenius, der den Job Ende Mai übernimmt, fortführen, wie er bereits ankündigte.
Bezüglich des Zeitpunktes kommt die Verleihung eines Preises an den Daimler CEO sehr überraschend – Daimler versinkt immer tiefer im Abgasskandal und sieht sich unter anderem in Deutschland zahlreichen Ermittlungen und Klagen ausgesetzt. Nach dem großen Rückruf 2018, der europaweit 700.000 Fahrzeuge betraf wird noch in diesem Jahr mit einem weiteren durch das Kraftfahrt-Bundesamt verordneten Rückruf gerechnet. Es häufen sich Urteile, in denen die Gerichte auf den Seiten der Verbraucher stehen und Daimler zur Zahlung von Schadensersatz verurteilen. In immer mehr Fahrzeugen werden illegale Abschalteinrichtungen gefunden und gerade in den USA drohen Daimler Strafzahlungen in Milliardenhöhe - dennoch schreibt Autocar, Zetsche hätte mit Daimler das Schlimmste im Abgasskandal bereits überstanden und ehrt ihn mit einem Preis.
Zetsche hat die Probleme bei Daimler also einem anderen übergeben und kann nun zufrieden in Rente gehen – vor allem, wenn man bedenkt, dass er sich über ein kolossales Ruhegehalt von über einer Million Euro freuen darf, das höchstwahrscheinlich noch um mehrere hunderttausend Euro jährlich aufgestockt werden wird. Schwer verdauliche Zahlen für Tausende von Verbrauchern, die von Daimler getäuscht wurden und im Abgasskandal um Ihr Recht kämpfen, wenigstens den Kaufpreis der manipulierten Fahrzeuge erstattet zu bekommen.